ABSTRACT

Eine der nicht zahlreichen Rezensionen zu den Wahlverwandtschaften (1809), die im Morgenblatt für gebildete Stände vom 22. Januar 1810 anonym veröffentlicht wurde (wir wissen aber, daß sie der Feder Bernhard Rudolf Abekens entstammte), 1 verwies als erste auf die unterschwelligen Verbindungen zwischen dieser Neuerscheinung und Goethes erstem Welterfolg, den Leiden des jungen Werther. Dies war eine Aufforderung an die Leser, den jugendlichen Roman mit einem Blick nach vorne wiederzulesen, um gleichzeitig das Neue am neuen Roman sowie seine gleichbleibende grundsätzliche Treue zu gewissen Charakteren des Autors zu erfassen. Wenn dieser Empfehlung durch die Forschung reichlich Folge geleistet wurde, so wird es weniger selbstverständlich sein, auf die Wahlverwandtschaften von einer anderen, viel späteren und wohl andersartigen Warte aus zu schauen. Ich meine A rebours von Joris-Karl Huysmans (1884). Ein solcher Vergleich mag überraschend anmuten, aber in der Forschung fehlen keineswegs Stimmen, die in den Wahlverwandtschaften eine Vorwegnahme der dekadenten Erzählprosa erblickt haben.