ABSTRACT

Die Musiktheorie im Deutschland des 16. Jahrhunderts bietet kein einheitliches Bild der Entwicklung. Ein Überblick wird durch die Fülle der veröffentlichten Schriften größeren und kleineren Umfangs erschwert. Trotz etlicher monographischer Darstellungen zu einzelnen Theoretikern und auch weniger Untersuchungen zu Einzeltheoremen wie etwa zu den Intervallen oder den Kirchentönen 1 , jeweils in der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts, fehlt bisher eine übergreifende Einordnung für das ganze Jahrhundert. Dazu soil hier im Rahmen eines zusammenfassenden Überblicks ein Beitrag geleistet werden. Verschiedenartige, besonders auch auf die Kontexte bezogene Aspekte schälen sich dabei als wertvolle und sachbezogene methodische Ansätze heraus. Auch die Musiktheorie und die ihr gewidmeten Musiklehrbücher sind von mannigfachen Kräften und Einflüssen abhängig, die vielfach auf den ersten Blick nicht determiniert, jedoch im Rahmen einer Übersicht über die geschichtliche Entwicklung näher bestimmt werden können. Die musiktheoretischen Schriften spiegeln vor allem das Spannungsverhältnis wider, das zwischen der „musica“ als „ars“ im Sinne von „scientia“ und der „ars musica“ als „Singekunst“ besteht. Letztere steht dann wiederum in engstem Zusammenhang mit demjenigen Bereich, für den die Theoriebücher vielfach bestimmt sind, nämlich die Sicherstellung einer anspruchsvollen Kirchenmusik. Wissenschaft, Bildung, Befähigung zu musikpraktischen Fähigkeiten und auch zur Komposition greifen also ineinander, sind z. T. aber auch deutlich getrennt. Im folgenden wird die Musiktheorie in Deutschland nach verschiedenen Aspekten behandelt, insbesondere nach Umfang und Verbreitung, nach den Einflüssen von Humanismus und Reformation, nach ihrer typologischen Zuordnung als Universitätsschrift oder Lateinschullehrbuch, nach einer nationalen Tendenz in der Deutschsprachigkeit und schließlich im Blick auf das 17. Jahrhundert.