ABSTRACT

Seit den Offertorienkompositionen von Giovanni Pierluigi da Palestrina, Orlando di Lasso und William Byrd im ausgehenden 16. und beginnenden 17. Jahrhundert wurde dieser Satz des Proprium Missae ohne cantus firmus komponiert, während bei Introitus- und Graduale-Vertonungen bis in die Zeit von Johann Joseph Fux, und darüber hinaus, cantus firmus-Verwendung prakti ziert wurde. 1 Im 17 Jahrhundert bervorzugten die Komponisten neben solistischen Offertorien-Kompositionen in der 1. Hälfte doppelchörige Anlagen, das Konzertieren von 2 Chören (Mikolaj Zieleñski, Steffano Bernardi, Andreas Hofer [ungedruckte Sätze] u.a.); in der 2. Hälfte entwickelten sie kantatenähnliche Gebilde für Soli, Ripieni und Instrumentalbegleitung (Abraham Mergerle, Andreas Hofer [Druck Salzburg 1677], Johann Georg Reichwein u.a.). Das Offertorium bildete in der 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts in Kathedral-, Stifts- und Klosterkirchen mit figuraler Kirchenmusik den einzigen Teil des Proprium Missae, der während des ganzen Kirchenjahres vokal ausgeführt zu werden pflegte (in der Kaiserlichen Hofkapelle in Wien erklang zudem der Introitus in traditionellen a-cappella-Kompositionen). 2 Durch die bei Meßkompositionen mehr und mehr üblich gewordene Auffassung des Kyrie als feierlicher Eröffnung, des Dona als festlichem Finale und die dadurch bedingten längeren Vertonungen blieb für Introitus und Communio keine Zeit verfügbar. Sie wurden darum weggelassen. Die Gesänge zwischen den Lesungen Epistel und Evangelium — Graduale und Alleluja mit Vers. bzw. Tractus - wurden lediglich an den Sonntagen der Advents- und Fastenzeit vorgetragen, im übrigen Kirchenjahr wurde seit dem 17. Jahrhundert an ihrer Stelle Instrumentalmusik üblich, die nach Festrang in Besetzung und Ausdehnung differieren konnte.