ABSTRACT

Als nach 1933 die ersten, meist jüdischen Emigranten aus dem Dritten Reich in Shanghai eintrafen, entstand bei vielen der Eindruck, mit einer politisch und kulturell völlig fremden Umgebung konfrontiert zu sein, die ihnen kaum Orientierungs- und Informationsmöglichkeiten bot. Die ausländische Lokalpresse konnte zwar deutsche Zeitungen und Zeitschriften vorweisen, die meisten von ihnen aber hatten sich schon seit 1933 dem nationalsozialistischen Regime angepaßt. Seit 1936 war die deutsche Presse in Shanghai endgültig gleichgeschaltet und auf den Ostasiatischen Lloyd reduziert, sieht man von dem offiziellen NSDAP-Blatt ab, dem Ostasiatischen Beobachter, der den NSDAP-Mitgliedern Vorbehalten blieb. 1 Folglich verfügten die Flüchtlinge aus dem Dritten Reich bis Ende der 30er Jahre über keine eigene deutschsprachige Zeitung, die sie über das Zeitgeschehen hätte informieren können. Wer die englische Sprache beherrschte, der konnte Israels Messenger beziehen, das offizielle Organ der Shanghai Zionist Association, das aber vorwiegend über die Lage in Palästina, über die Tätigkeit der lokalen sephardischen Organisationen und nur am Rande über die Ereignisse in Europa berichtete. Zwar informierte Israelis Messenger regelmäßig über die Ankunft von jüdischen Flüchtlingen in Shanghai, blieb aber trotzdem im wesentlichen eine Zeitung für die alteingesessene sephardische Gemeinde und richtete sich nicht spezifisch an diese neue potentielle Leserschaft. 2