ABSTRACT

Eine der hervorstechendsten Charakteristiken aller Arbeiten des Jubilars ist seine bewundernswerte Kenntnis auch entlegener historischer Quellen und ihre sichere Einordnung in das Mosaik einer mediterranen Wirtschaftsgeschichte. Als er 2009 erstmals überhaupt einen zusammenfassenden Überblick über den Kaviarhandel in Byzanz gab, 1 stellte er an den Anfang eine kulturgeschichtlich unbeachtet gebliebene Passage über kulinarische Klosterprodukte, unter denen dem Kaviar eine wichtige Rolle zukam. Sie entstammt einer Schrift des Gelehrten und Kirchenmannes Eustathios, Erzbischof von Thessalonike, die nach 1185 verfaßt wurde und der Kritik an Mönchtum und Klosterwesen diente. 2 In den Kapiteln 57 bis 67 behandelt Eustathios Fragen des Besitzerwerbes von Mönchen und Klöstern: Der einzelne Mönch ist gehalten, erworbenen Besitz an das Kloster weiterzuleiten, während das Kloster alles daransetzen muß, seinen Besitz zu vermehren. In diesem Zusammenhang erzählt Eustathios, ganz offensichtlich aus seiner eigenen Erfahrung, jene Geschichte, die im Mittelpunkt unseres Beitrages steht: Kaiser Manuel I. kamen eines Nachts Bedenken (ganz im Sinn des ruhelosen Herrschers aus der Kaiserrethorik), daß die Vorräte des Palastes (es ist der Blachernen-Palast) für die Ausrichtung eines Hochzeitsmahles nicht ausreichen könnten, und schickte deshalb zum Abt des nahe gelegenen Prodromos-Petra-Klosters, mit der Bitte, durch die Lieferung verschiedener Produkte aus dem Klosterkeller der prekären Lage am kaiserlichen Hof angesichts des bevorstehenden Festes entgegen zu kommen. Diese Hilfe hat der Kaiser rasch finanziell vergolten, und aus diesem Grund erhielt sie in Eustathios’ Schrift einen Platz im Abschnitt über den Zuerwerb klösterlichen Besitzes. Eustathios erwähnt ausdrücklich, daß nach der Lieferung der Waren sofort (αὐτίκα) eine “kaiserliche Entschädigung mittels eines Zuerwerbs” (βασιλικὴ ἀντισήκησις δι᾽ἐπικτήσεως) erfolgte. 3 Der Kaiser hatte also eine Anordnung erlassen, die zu einer Besitzsteigerung des Klosters führte als Dank für dessen Hilfe und als Ausgleich für die materielle Leistung. 4